In diesem Beitrag möchte ich Sie mitnehmen auf eine Reise durch meine Erfahrungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen. Ich erkläre am Beispiel des Projekts „Neues Wohnen am Eisenhutweg“, warum dieses Bauvorhaben zunächst durch diesen sehr formellen Prozess geschickt werden musste. Ich erkläre, warum es beim Brunnenviertel in Potsdam kaum Beteiligung gab und welche Behörden beim B-Plan für das Quartier Beelitz-Heilstätten besonders eingebunden werden mussten. Am Ende verstehen Sie, warum oft Jahre vergehen, bis der erste Spatenstich erfolgen kann, und ob es Hoffnung dafür gibt, dass diese langen Planungszeiten irgendwann kürzer werden.
Erinnern Sie sich noch an das ehemalige Industriegelände an der Heinrich-Mann-Allee in der Potsdamer Waldstadt? Jahrelang lag das Grundstück mit dem verlassenen Betonwerk und rostenden Metallskeletten brach und das Unkraut wucherte fröhlich vor sich hin. Wo früher die Betonteile für die „Platte“ produziert wurden, steht heute das Brunnenviertel mit 240 Miet- und 129 Eigentumswohnungen, acht Gewerbegebäuden und einer Kita für 130 Kinder. Anderes Beispiel: Am Eisenhutweg in Berlin-Johannisthal lag ein 32.000 m² großes Grundstück jahrelang brach. Für die geplante Gewerbenutzung fand sich kein Nutzer und kein Investor. Mit einem Vorschlag für ein Quartier mit knapp 600 Wohnungen konnten wir das Grundstück schließlich entwickeln. Was rückblickend wie eine logische Entwicklung erscheint, ist in der Planungs- und Genehmigungsphase ein langwieriger, komplexer und teilweise auch zäher Prozess. Das Kernstück ist ein für viele vermutlich unbekanntes Dokument: der Bebauungsplan.
Für einen Bauunternehmer ist dieses Dokument jedoch so etwas wie die DNA eines jeden Projekts. Es definiert, was in dem Plangebiet baulich überhaupt möglich ist. Was im Bebauungsplan (kurz: B-Plan) nicht vorgesehen ist, wird von der Baubehörde nicht genehmigt, sei es noch so schön oder dringend notwendig. Möchte man von einem B-Plan abweichen, etwa weil jetzt mehr Wohnungen statt Büros benötigt werden, muss erst der B-Plan geändert werden. Und das dauert. Jeder B-Plan hat seine eigene Geschichte von Visionen, Kompromissen und manchmal auch Konflikten.

B-Pläne setzen im Allgemeinen den rechtlichen Rahmen für ein größeres Areal, einen ganzen Straßenblock oder ein Quartier. Unser Projekt Quartier Beelitz-Heilstätten ist ein Beispiel dafür. Gelegentlich muss ein existierender B-Plan angepasst werden, wie bei unserem Projekt im Brunnenviertel in Potsdam. Nicht selten wird auch ein B-Plan speziell für ein bestimmtes Projekt aufgestellt. Das war beispielsweise am Eisenhutweg der Fall. Man spricht dann von einem vorhabenbezogenen B-Plan.
Der Startschuss: Vom ersten Grundstücksbesuch zum Kontakt mit den Behörden
Jedes unserer Projekte beginnt mit einem Grundstück, einer Nutzungsidee und der Frage: Gibt es einen gültigen Bebauungsplan für das Grundstück, benötigt unser Projekt möglicherweise einen oder ist die Bebauung ohne B-Plan möglich?
Um möglichst schnell bauen zu können, ist mir die Baugenehmigung ohne B-Plan natürlich am liebsten. Das ist dann möglich, wenn sich ein Projekt von seiner Art und Größe in die bestehenden Nutzungen und Bebauungen in der Nachbarschaft einfügt. Die Planungshoheit liegt jedoch bei der Kommune. Sie entscheidet, ob und wann ein B-Plan aufgestellt wird. Und da für einen ordentlichen Verwaltungsmitarbeiter alles nach Recht und Ordnung zugehen muss, wird bei größeren Projekten oft ein B-Plan als notwendiger erster Planungsschritt gewählt. Das gilt erst recht, wenn ein bestehender B-Plan geändert werden muss, um neues Baurecht zu schaffen. Meine Aufgabe ist es, meine Projektidee überzeugend zu präsentieren. Sie muss einen positiven Beitrag zur Stadtentwicklung leisten, damit die Verwaltung ein Planverfahren startet. Und dieser Abstimmungsprozess kann mitunter bereits mehrere Wochen oder Monate beanspruchen.

Der Aufstellungsbeschluss: Wenn eine Idee offiziell wird
Der erste Meilenstein für jedes Projekt ist dann der Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan. In dem Moment wird aus einer unternehmerischen Vision ein offizieller Verwaltungsvorgang. Es ist wie der Startschuss zu einem Marathon. Das Ziel ist klar, aber auf dem Weg dorthin können sich einige Überraschungen ergeben. Positiv ist, dass die Gemeinde mit dem Verfahren signalisiert, dass sie grundsätzlich hinter unserem Vorhaben steht. In dem streng formalisierten B-Plan-Verfahren kann der Bauherr zwar mitreden, die Entscheidungen werden aber von Verwaltungsmitarbeitern und letztlich durch formelle Beschlüsse der politischen Gremien getroffen.
Frühzeitige Bürgerbeteiligung: Die erste große Bewährungsprobe
Hier wird es für viele Projekte wirklich spannend – und manchmal auch nervenaufreibend. Bei der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung werden unsere Ideen erstmals öffentlich präsentiert. Bürgerinnen und Bürger können ihre Meinung zu den Plänen äußern. Diese werden im weiteren Verfahren alle bearbeitet und nach Möglichkeit auch berücksichtigt. Bei unserem Eisenhutweg-Projekt organisierten wir gemeinsam mit dem Bezirk eine Informationsveranstaltung auf dem Grundstück und stellten drei Planungsvarianten vor. Im Ergebnis sind 62 Rückmeldungen von Bürgern eingegangen. Ein wichtiger Wunsch der Anwohner: mehr Parkplätze! Die Anregungen und Hinweise sind in die weitere Bearbeitung eingeflossen und wurden durch vertiefende Untersuchungen und fachliche Abstimmungen geprüft. Am Eisenhutweg hatten wir eine Tiefgarage und Stellplätze auf dem eigenen Grundstück vorgesehen, obwohl es dazu keine rechtliche Verpflichtung mehr gibt. Je mehr Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern eingehen, umso mehr Zeit wird für die sogenannte „Abwägung“ benötigt. Diese wägt zwischen den teils widerstreitenden Interessen ab und erläutert zu jeder einzelnen Eingabe, ob sie berücksichtigt, oder aus welchen Gründen ihr nicht gefolgt wurde.
Frühzeitige Behördenbeteiligung: Das Expertenkomitee tritt zusammen
Meist parallel zur frühzeitigen Bürgerbeteiligung werden die sogenannten „Träger öffentlicher Belange“ (kurz TÖB) konsultiert. Dabei handelt es sich um die Fachbehörden. Als wir unser Projekt in Beelitz-Heilstätten entwickelten, war diese Phase besonders komplex. Aufgrund der historischen Bedeutung des Areals mit seinen denkmalgeschützten Gebäuden war hier das Landesamt für Denkmalpflege und die Untere Denkmalbehörde ein wichtiger Akteur, mit dem viele Einzelheiten zu klären waren. Beteiligt werden unter anderem auch die Naturschutzbehörde, die Wasserbehörde, Verkehrsbehörde und die Deutsche Bahn (liegen möglicherweise Gleise im Plangebiet?), Versorgungsunternehmen, die Industrie- und Handelskammer und bei höheren Gebäuden die Flugsicherung (das Gebäude könnte ja den Funkverkehr beeinträchtigen).

Diese Stellungnahmen sind für uns Entwickler, aber auch für die plangebende Gemeinde oft ein Realitätscheck. Gibt es einen Aspekt, den wir bisher nicht beachtet haben? Tauchen neue Probleme auf, für die wir Lösungen finden müssen? Bei unserem Eisenhutweg-Projekt wurden 35 öffentliche Stellen angeschrieben, von denen 32 eine Stellungnahme abgegeben haben. Vom Umwelt- und Naturschutzamt kam etwa der Hinweis, dass das Gelände potentiell eine Biotopverbundfunktion habe, die bei der Planung berücksichtigt und erhalten werden soll. Deshalb seien genauere Untersuchungen über Tagfalter, Stechimmen und Heuschrecken erforderlich. Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass auf dem Grundstück keine geschützten Arten wie Zauneidechsen oder Fledermäuse leben. Um diese Frage zu klären, wurde ein Fachgutachten zu den genannten Arten in Auftrag gegeben. Die Untersuchung hat dann nachgewiesen, dass die genannten Arten nicht im Plangebiet vorkommen. Weitere Themen waren die Anbindung an den ÖPNV, ausreichend wohnortnahe Grünflächen, Schallschutz, der Umgang mit Regenwasser und noch viele weitere Themen, die bei den Planern und Gutachtern für reichlich Arbeit sorgten.
Wie das Verfahren weitergeht, lesen Sie hier.